[ WEINE ]
5 unvergessliche Kombinationen
von Mischa Billing, Sommelière, Schweden.
Mischa Billing ist eine der ersten weiblichen Sommelière in Schweden und war 2003 Generalsekretärin des weltweiten Sommelier-Verbands „Association de la Sommellerie Internationale“, kurz ASI. Ein Renommee, das auf ihrem unfehlbaren Talent beruht, Speisen und Weine miteinander in Einklang zu bringen.
Zwischen einem Vortrag an der Universität Örebro und einer Folge der Kochsendung „Masterchef Schweden“, bei der sie in der Jury sitzt, konnten wir Mischa Billing für ein Gespräch im historischen Grand Hotel in Stockholm gewinnen.
Eigentlich wollten wir über die besten Speisen- und Wein-Kombinationen diskutieren, aber Mischa entschied sich mit ihrem leicht rebellischen und zugleich erfrischenden Ansatz für einen anderen Weg. Selbstredend hat sie viele, viele denkwürdige Foodpairing-Erinnerungen. Vor allem aber ist das Glas Wein in all diesen Augenblicken, in denen das Unerwartete zum Außergewöhnlichen wird, immer in Reichweite.
01.
Carpaccio und Rotwein frisch serviert in Venedig
“Ich werde Sie vielleicht enttäuschen, aber ich bin nicht mehr in der Lage, die „perfekten“ Foodpairing-Tipps aufzusagen! Im Laufe der Zeit ist mir die Verbindung zwischen Stimmung und Augenblick immer klarer geworden. Wie dieses Mal in der legendären Harry's Bar in Venedig vor vielen Jahren. Ich war noch sehr jung und absolut bezaubert vom Ambiente. Obendrein wurde mir auch noch die „Entstehungsgeschichte“ des Carpaccio erzählt. Das Rezept wurde für eine Baronin kreiert, die sich einer Diät mit rohem Fleisch unterzogen hatte. Sein Name stammt von einem Maler der Renaissance. Das Carpaccio wurde mit einem gekühlten Rotwein aus der Karaffe serviert. Leider kann ich mich beim besten Willen nicht an den Namen des Weins erinnern! Aber an die Stimmung. Dort zu sitzen und zuzusehen, wie die Sonnenstrahlen auf dem Kanal tanzen und die Kellner geschickt und flink zwischen den Tischen hin- und herlaufen, ein magischer Moment!”
02.
Der Kontrast zwischen gebratenem Ei und Rotwein.
"Ich wurde von zwei ehemaligen Studenten zum Abendessen eingeladen. Einer der beiden hatte für die Zeremonie der Nobelpreisverleihung gekocht. Thema waren weiße Trüffel und mir wurde ein perfekt gebratenes Ei serviert, das mit einer wahnsinnigen Menge an Trüffelscheiben garniert war. Der Wein, ein Rotwein aus dem Piemont von Josetta Saffirio, passte perfekt zum Menü. Dieses Experiment hat mir bewiesen, dass eine gelungene Kombination nicht immer eine Frage der Harmonie ist, sondern auch ein Spiel mit Kontrasten sein kann. Diese gewagte Kombination war alles andere als naheliegend, sie war unglaublich kreativ. Sie hob sich stark von den üblichen, schematisch vorgeschlagenen Kombinationen ab. Zumal man damals noch von „Freunden und Feinden“ des Weins sprach. Hier wurde der Beweis geliefert, dass Eier auch hervorragend zu Wein passen können!"
03.
Château Cheval Blanc als improvisierter Aperitif
"In diesem Sommer haben wir nach einem langen Tag auf See ein Krebsessen improvisiert. Wir saßen draußen und gingen munter mit einigen Häppchen und Champagner ans Werk. Ich hatte einen Château Cheval Blanc 1999 mitgebracht und schlug spontan vor, ihn zum Aperitif zu öffnen. Der Abend war einfach wundervoll. Erst gaben wir uns dem Genuss dieses großartigen Weins hin, bevor wir ins Haus gingen, um unsere Krebse mit einem guten Chablis zu verspeisen. Dieser Augenblick wurde auch dadurch unvergesslich, weil wir die Konventionen komplett auf den Kopf gestellt hatten. Ich hatte diesen Wein mitgebracht, weil ich ihn mit anderen teilen wollte. Man muss Gelegenheiten beim Schopf packen und darf nicht zu viel nachdenken. Wenn der Augenblick günstig ist, dann muss man intuitiv und spontan handeln!"
04.
Reifer Süßwein ganz instinktiv
“Als ich in einem Restaurant anfing, hatten wir einen Il Capitelli (Garganega, Soave), einen Süßwein von Roberto Anselmi, auf der Karte. Ich fand ihn so lecker, dass ich gleich ein paar Flaschen für mich selbst kaufte. In ein paar Wochen treffen wir uns mit Freunden zum Kochen, und ich habe vor, mehrere Jahrgänge, von 1992 bis 1994, zum Essen beizusteuern. Ich weiß noch nicht genau, zu welchem Zeitpunkt und zu welchen Gerichten ich diesen Wein servieren werde. Ich lasse mich einfach vom Augenblick und von meinem Instinkt leiten! Dieser Wein hat mit seiner Süße und Frische eine solche Kraft, dass er meiner Erfahrung nach sowohl zu warmen als auch zu kalten Speisen und sogar zu Käse passt. Seine Reife beschert ihm überdies einen trockenen Abgang. Ich liebe es, die Energie des Augenblicks einzufangen und Gelegenheiten zu ergreifen. Süßweine hatten schon immer Erfolg. Es ist fast so, als ob die Vorliebe für Süßes und Fettiges in unserer DNA verankert wäre.”
05.
Sherry Fino und boquerones.
“Ich hatte schon immer eine Schwäche für Fino Sherry. Ich habe viel Zeit in Jerez, Sevilla und Madrid verbracht, wo es sehr heiß sein kann. Morgens besuchte ich Flamencokurse und abends schlenderte ich durch die Straßen und genoss ein Glas Fino mit Boquerones (traditionelle Tapas aus eingelegten Sardellenfilets, Anm. d. Red.), mit Knoblauchbrot, Tomaten und ein wenig Salz, einfach um die Atmosphäre in mich aufzusaugen. Man spürt förmlich eine Veränderung, der Körper entspannt sich. Ich möchte dieses Gefühl zurückholen. Ich weiß, dass der Fino mit seinem etwas verwirrenden Geschmacksprofil kein einfacher Wein ist, aber er spiegelt einen Teil von mir wider, etwas Verletzliches. Alles ist eine Frage der Atmosphäre, auch wenn Fino und Boquerones sich in ihrem Charakter und ihrer Energie in gewisser Weise ähneln.”
Artikel - Lena Särnholm
Sie ist seit ihrer Jugend Journalistin. Sie begann als Nachrichtenreporterin und landete bei der Reitsportzeitschrift Ridsport, wo sie mehr als 20 Jahre lang als Redakteurin tätig ist. Dann gewannt ihr Interesse für Wein die Oberhand. Lena Särnholm hat im Restaurant der Schwedischen Akademie eine Ausbildung zur Sommelière gemacht und arbeitet freiberuflich in den Bereichen Wein und Pferdesport. Sie schreibt hauptsächlich für das Weinkulturmagazin Törst, für Star Wine List und In Vino und arbeitet in Teilzeit in einer Weinbar in Stockholm, um auf dem Laufenden zu bleiben. Außerdem hat sie an acht Weinlesen teilgenommen, hauptsächlich in der Loire-Region. Sie ist die schwedische Botschafterin für PIWI International.
Illustration - Johanne Licard
Die Illustratorin Johanne lebt in der ländlichen Umgebung von Nantes im Westen Frankreichs. Sie hat zunächst Film studiert, bevor sie sich dem Zeichnen zuwandte. Ihre Illustrationen sind Momentaufnahmen, die Freundlichkeit und Poesie ausstrahlen. Natur, Körper, Sinnlichkeit und der Vintage-Stil der 60er und 70er Jahre sind ihre Inspirationsquellen, die sie zu stimmungsvollen Bildern verbindet. Sie arbeitet für die Presse, das Verlagswesen und die Werbung (Louie Media, INA, Les Échos) und verwendet wechselweise digitale Werkzeuge und traditionelle Techniken wie die Gouachemalerei oder die Stickerei.
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